Auf dem Dach der Herberge

Wieder einmal trafen sich die jugendlichen Schachtalente NRWs nach Ostern auf dem Wolfsberg, um die Meisterschaften auszuspielen, und die Qualifikanten für die DJEM in Willingen zu ermitteln.

Auf dem Dach der Herberge
Gleich das Begrüßungsbanner machte klar, dass hier auch Inselbegabungen ihren Platz haben: Noch immer zeigt das Motto „Jahrtausendspiel der Generationen“ in seiner worthülsigen Phrasigkeit (oder doch „Generationenspiel der Jahrtausende“, „Spiel der (Jahr)tausendgenerationen“ …), dass wieder mehr Germanisten ihren Platz an deutschen Schulen finden, anstatt hier der Öffentlichkeitsarbeit besinnend beizustehen. Wieder einmal trafen Mustangs auf Rennpferde und übermotivierte Eltern auf die ernüchternde Wirklichkeit. Wieder einmal ein bis zur letzten Runde spannendes Turnier.

 

Mathilde im Duell mit neuer Freundin
In der U10w war Mathilde zum ersten Mal hier allein nicht-zuhause. Sie trabte gut gelaunt durch den wilden Trubel des Rahmenprogramms und fand schnell Freundinnen. Das war auch erstmal wichtiger als die 4/9 Punkten. Als Veteranin weniger abgelenkt fällt Ihr dann nächstes Jahr auch das Schachspielen leichter. So wie Emma Boriss, die nach der KIKA-Teilnahme im letztem Jahr, gleich DWZ-los die Qualifikation geschafft hat, einen Punkt vor Mathilde.

 

In der U10 war Ingi auf einen Quali-Platz gesetzt, patzte aber leider früh. Seine kreative Entscheidung sizilianisch zu spielen, ohne das schon richtig gelernt zu haben, machte ihn zu einem leichten Opfer für die erfahreneren Turnierspieler, die, wenn sie auf etwas trainiert sind, dann natürlich wissen, wie man gegen Sizilianer spielt. Im letzten Spiel hätte er noch aus eigener Kraft den dritten Platz erspielen können, doch Tom Dordevic fegte seinen Sizilianer mustergültig vom Brett. Mit Meilen Abstand siegte, wie erwartet, der erstgesetzte Philipp Klaska. Hoffentlich nimmt er den Schwung mit, bis weit hoch in die deutschen Meisterschaften.

Philipp, Luca und Ingi an den Brettern links in der letzten Runde

 

figuren linie sDie spannendste Gruppe war mit Abstand die U12 – hier traf ein großes, enges Feld sehr leistungstarker Spieler aufeinander, und das Turnier begann mit einem unerwarteten Favoritensterben. Gleich im ersten Spiel hatte Benjamin Boriss schon ein Matt gegen den höchstgesetzten Robert Prieb in Reichweite, dem dieser da noch entkommen konnte. Das gelang ihm allerdings nicht mehr gegen Jannis Bolz und Maurin Möller, der sich mit seinen Sieg gegen Robert die Ehrung für die schönste Kombination des Turniers verdiente. Mit zwei abgegeben Punkten war die Qualifikation da schon gefährdet – und nach der vierten Runde hatte der Titelanwärter schon das Turnier verlassen. Wer wird sich denn weiter von niedriger gesetzten Spielern Punkte abnehmen lassen, wenn er dank der hohen DWZ noch in einen DJEM Freiplatz rutschen kann? Der zurückgelassene Pöbel macht die NRW-Meisterschaft dann unter sich aus.

 

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Als zweiten Favoriten erwischte es den Aachener Patrick Breitkopf-Lazar. Er gab 2 Punkte in den ersten drei Spielen ab, kniff aber nicht den Schwanz ein, sondern kämpfte sich mit einer guten Leistung bis auf einen Punkt hinter die Nummer 1 zurück. Und Punkte an die ehemaligen U10er Mustangs Nelson Strehse, immerhin letztjähriger U10-Meister, und Jona Bungarten, Platz 4, einziger Sieger gegen Jannis, abzugeben, ist wahrlich keine Schande. Der verdiente neue Meister ist Jannis Bolz – wie schon in der Qualifikation spielte er auch hier überragend sicher aus der Rennpferdebox. Die, die ihn nicht im Turniersaal gesehen haben, kennen ihn jetzt von der Siegerehrung.

 

Marlene konzentriertIn der U16w mischten sich die ersten 4 Setzplätze zur endgültigen Tabellenspitze – eine Spitzengruppe, an die Marlene nicht herankommen konnte. Wie Karina Jung erspielte sie 3/7 Punkten. Auch die U16 sah ihren Favoriten sterben: unser Aachener Borna Mohammadi Nia, Setzplatz 1, kam vom Turnier in Grenke herübergehastet und brauchte etwas, um sich zu akklimatisieren – die ersten drei Partien gingen verloren. Mit Robin Gallasch traf er in der ersten Runde aber auch auf ein formidables Hindernis: Robin hatte die Qualifikation souverän mit 6,5/7 gewonnen und zeigte sich auch hier von seiner stärksten Seite.

 

 Jonas, Aik und AlwinIn der U14 blieb die Welt in Ordnung – Jonas Gallasch rauschte wie ein Schlachtschiff durch die ansegelnden Schaluppen und spielte makellos mustanghaft (mit Alwin zusammen gewann er auch das Tandemturnier), wie schon in der Qualifikation. Mit nur einen halben abgegebenen Punkt ein klarer Sieg. Alwin schlug sich wacker, machte aber 2 Fehler – was dann noch für den undankbaren dritten Platz reichte – ein kleiner Pokal, aber keine Qualifikation zur DM.

 

Ach ja – zwischendrin wurden auch noch die Auszeichnungen für die Schnellschach Grand Prix Sieger vergeben. Der Status des Grand Prix scheint ohnehin unklar im Verband: die Teilnahme stärkerer Spieler nimmt wieder ab – warum sollten sie auch, da die Bedeutung für „ernstere“ Wettbewerbe kaum messbar ist. Dementsprechend wurden einige Pokale auch nicht einmal abgeholt. Warum soll man, mitten in der Woche, für ein Stück Blech in die Wüste fahren, wenn das Kind auf dem Turnier dort nicht einmal mitspielen darf? Wenn man ein Zeichen für den Breitensport setzen will, und mehr Kinder (und ihre Tigereltern) zum Schach ziehen möchte, muss man den Wettbewerb aufwerten: Teilnahme bei der NRW JEM als Preis für Grand Prix Sieger. In der Praxis werden die Grand Prix Sieger meistens ohnehin für die NRW JEM qualifiziert sein (fast immer) – und wenn nicht, werden sie durch die -zig Spiele, die sie für den Grand Prix über eine längere Zeit machen mussten, sicher besonders motiviert sein und nicht unfähig antreten. In seiner jetzigen Form ist der Grand Prix jedenfalls kaum motivierend. Ingi und Alwin nahmen ihre Pokale in der kaum besuchten Ehrung in Empfang – leider auch beim Pokal ein Rückschritt: war der in den letzten Jahren noch angenehm persönlich mit dem Namen des Siegers geschmückt gewesen, trägt er nun nur noch anonym den Titel. Schade.

 

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Das Wahrzeichen von KranenburgWie immer war das JEM-Spektakel großartig organisiert von Thomas Kubos Team. Dabei ist der Sack Flöhe der Teilnehmer sicher das geringere Problem, im Vergleich zu den übermotivierten Tigereltern, die es unterzubringen galt (oder eben nicht), und dem finanziellen Rahmen. Ein wenig muss das Team vielleicht an der Tradition der alten Bräuche arbeiten: die Gerüchterubrik war die lahmste seit Jahren und viele der Erstgäste  vermissten etwas Anleitung (wie kleine U10er, denen niemand das Vampirspiel erklärt hatte). Aber das sind nur kleine Belanglosigkeiten bei der wieder gelungenen Schachfreizeit der NRW JEM. Wir hoffen, dass Thomas und sein Team auch nächstes Jahr wieder die Last von Kranenburg schultern und den Kindern neben der Turnieranstrengung eine fröhliche Ferienwoche schenken.

 

Alle Details zu den Ergebnissen bei der Schachjugend NRW: http://www.sjnrw.de/sport.html – „Sport und Spielbetrieb klicken“ im Menü anmausen und dann unter „Jugendeinzelmeisterschaften“ die gewünschte Gruppe auswählen.

Von admin

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