Etwas verdutzt, aber auch erfreut, waren wir über die Nachricht, dass es doch noch eine SJM Qualifikation geben würde und damit auch eine NRW Meisterschaft. Die Qualifikation war zwar nur Internet-Schach, aber besser als nichts.
Schwer verständlich und nicht transparent begründet war allerdings, dass die U12 auf Chessbase spielen musste, während alle anderen Turniere auf Lichess stattfanden. Mit Lichess als Standard-Plattform im Vereinswesen ist mir nicht klar, warum ausgerechnet die U12er auf eine ihnen größtenteils unbekannte, kommerzielle Plattform wechseln mussten. Sollte es sich um Sponsoring handeln, fände ich es fragwürdig, dass Geldgeber in die Turnierausrichtung eingreifen könnten. Wie immer in der harmonischen Schachgemeinschaft machte sich auch hier schnell ein erklärendes Gerücht breit: ein oder mehrere Spieler wären in Lichess bereits wegen wiederholten Betrugs gesperrt, und hätten deshalb nicht unter ihrem echten Namen teilnehmen können. Deshalb das Ausweichen zu Chessbase nur hier. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Generell wäre es aber wünschenswert, wenn auch beim Online-Schach Vereine und Verbände eine Standardlösung verfolgen würden und nicht innerhalb einer Meisterschaft verschiedene Software zum Einsatz käme.
Das Internet verwandelte das Turnier allerdings nicht in eine Mördergrube. Bei einigen Merkwürdigkeiten qualifizierten sich doch im wesentlichen die üblichen Verdächtigen, die wir auch in einem normalen Turnier erwartet hätten. Irmin, Alwin und Ingmar hätten auf dem Wolfsberg spielen können. Irmin gab seinen Platz aber ab, so dass Robin Gallasch, der statt der Qualifikation in den deutschen Mannschaftsmeisterschaften gespielt hatte, nachrücken konnte. Nach den vielen Jahren, die Robin in der SJM Spitzengruppe gespielt hat, ein schöner Abschluss für seine Schachjugend. Marlene hätte sicher auch dorthin gehört – ich habe aber auf der SJM-Seite keine Informationen zur U18w Qualifikation gefunden. Hoffentlich hatte ihr Ferienkalender Schöneres zu bieten als ein Schachturnier.
Der Wolfsberg wurde, Corona bedingt, in eine Quarantänestation verwandelt: keine Fremdschläfer, keine Tagesgäste, Testpflicht, nur sehr wenige Plätze, nur für U10 Begleiter. Das war sicher eine Härte für die Kleinsten, die meist wohl noch nicht gewohnt sind, ganz alleine in die Fremde zu reisen. Um so verwunderlicher war es, dass genau die beiden Väter Übernachtungsplätze in der Herberge ergattert hatten, die schon jahrelang dadurch auffallen, dass sie Ihren Kindern (die älter als U10 sind) selbst im Turniersaal so in den Nacken atmen, dass ihnen die Haare vor die Augen fallen. Sehr merkwürdig, wenn man bedenkt, dass jeder Verband nur ein paar wenige Plätze für U10er Eltern bekommen hatte. Nach Aussage der Jungs erfüllten die Besagten keinerlei sichtbare Verbands- oder Teamaufgaben, die ihre Anwesenheit gerechtfertigt hätten. Außer, wie immer, ihre Söhne zu beatmen. Sicher gab es keine Anfragen von Eltern aus der U10, die Ihre Kinder gerne begleitet hätten, und es wurden nur aus Verzweiflung freie Plätze verteilt. Ich hätte mich doch noch anmelden sollen – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Das Turnier war spannend. Die U10 habe ich schon aus den Augen verloren, weil von uns dort niemand mehr mitspielt. Schon lange nicht mehr wunderlich: 2 unter den ersten 3 JUngs und die ersten beiden Mädchen stammen vom Düsselforfer SV. Oder vielmehr überaus wunderlich: Unter der Ägide von Trainerin Verena Wunderlich kommen in jedem Jahrgang neue Schachtalente oben in den Kindertabellen an. Hier zeigt sich, dass die Erfolge von Düsseldorf nicht einfach nur auf dem glücklichen Fund von ein paar Hochbegabten beruhen, sondern dass das Training dort einen kontinuierlichen Strom von Top-Schachlingen produziert.
Ingi spielte in der U12, wo gleich die ersten 3 Plätze der Jungs von Düsseldorf belegt wurden. Er schnupperte kurz an einem Remis gegen den wieder überragenden Philipp Klaska – an 1 gesetzt und Sieger – brachte das aber nicht durch. Noch ein Patzer und am Ende war es Platz 7. Kein Mädchen aus unserer Region war in dieser Klasse dabei.
In der U14 konnten wir zumindestens der Porzer Diaspora von Aufwärts Aachens ehemaliger Jugend zuschauen. Wie im letzten Jahr gelang Jannis Bolz ein sensationeller Sieg gegen den mit Abstand Setzlistenersten Robert Prieb – noch ein Jahr und Jannis verdient sich hier den Titel Angst-Gegner. Midhulan Aravindan, Ex-Eilendorf und auch Ex-Aufwärts, spielte wie immer felsenfest und gab sich kaum Blößen. Die beiden landeten auf Platz 3 und 4. Samuel Tomasjan aus Brackel führte die ersten Runden, wurde aber von einem ähnlichen Schicksal wie Alwin ereilt. Eine besondere Freude war der NRW-Meister: über Jahre und Aber-Jahre hatte Max Pick immer in der Spitze der Jugend mitgespielt, aber nie den Titel geholt. Keine Unkonzentriertheit ließ ihn diesmal stolpern – ohne zu verlieren gewann er mit einem Punkt Vorsprung. In der U14w spielte Annika Labuda einen souveränen 7/7 Sieg ein. Favoritin Hannah Ramien, wie auch ihre Porzer Kameradin Irene Siegel, blieb weit hinter ihrem Setzplatz. Vielleicht gibt es noch etwas Hoffnung auf einen Freiplatz.
Wie immer führten die üblichen Verdächtigen Alwin, Aik Arakelian und Jonas Gallasch lange die Tabelle der U16 an. Untereinander hatten sie alle Remis gespielt – in den letzten beiden Runden sollte sich die Meisterschaft entscheiden. Hier geriet Alwin dann gegen Ex-NRW-Meister Vincent Klugstedt in Zeitnot und konnte sich nicht mehr retten. Die anderen beiden erlaubten sich keine Patzer und belegten, zwar mit Remis-Zitrone, aber eben doch Platz 1 und 2. Vincent zog an Alwin vorbei auf den dritten Platz. Wer gewinnen will muss auch verlieren können – Platz 4 von NRW ist sicher kein Grund zur Traurigkeit – aber sicher hätte Alwin gerne mehr erreicht. Immerhin darf er die weniger prestigereichen Titel des Ü-Schachmeisters und des Tandemmeisters (im Team mit Jonas Gallasch) mit nach Hause nehmen. In der U16w wurde Setzlistenerste Linda Becker von der Zweiten Jule Cordes überholt – mehrere 100 DWZ hinter ihnen kam Joselyne Sinner aus Porz auf den driten Platz. Nach mehreren Unkonzentriertheiten der letzten Jahre konnte Joselyne endlich einmal wieder ihr Können aufs Brett bringen. Mal sehen, was die JDEM bringen wird.
FM Luco Suvorov bestätigte seinen Setzplatz in der U18 mit der Meisterschaft, ebenso wie Eva Rudolph in der U18w. Insgesamt wenig Überaschungen – spannende Spiele, aber kein Favoritensterben, wie in den Vorjahren. Klatsch bekommt man durch die Quarantäne leider nur wenig mit. Aber immerhin, ein kleiner Schritt zurück in die lange unterbrochene Schachjugend.
Wie immer alle Details unter: https://www.sjnrw.de/ -> Klick auf „Sport und Spielbetrieb“ im oberen Menü -> dann die Einzelgruppen unter Jugendeinzelmeisterschaften.
Ludger