Karlsruhe

Sowohl in der Gesamtteilnehmerzahl als auch in den ELO-Zahlen war es wieder eine Steigerung zum Vorjahr. Mit ELO 2700 konnte man sich grade noch unter die ersten 30 einreihen, mit 2600 ca. unter die ersten 70. Den größten Zuspruch bei den Super-GMs fand das neue Freestyle-Turnier (oder auch Fischer-Random, oder auch Chess960). Warum mühsame Vorbereitung und Eröffnungsstudium, wenn man einfach nur Schach spielen kann. Naja – die Preisgelder dürften auch eine Rolle spielen – die sind 3 mal höher, als bei der A-Open mit “Normalschach”. Mit Mäusen fängt man Großmeister. Als Co-Gründer der Firma Freestyle Chess Players Club (Einladungen an Spieler >= ELO 2725), die die Freestyle Chess Grand Slam Tour ins Leben gerufen hat, spielte natürlich auch Herr Carlsen mit, als Werber in eigener Sache. Eine Woche vor dem Turnier waren über 3200 Teilnehmer gemeldet

Der Eingang zur Schwarzwaldhalle

Die größte Überraschung für uns war Ingmars letzte DWZ-Wertung. Haarscharf übersprang er die 1950 und durfte so zum ersten Mal in einer internationalen A-Gruppe mitspielen. Alwin stieg hier auf Setzplatz 352 ein, Ingmar auf 930 (Gesamtliste, leicht abweichend von A-Gruppe) – mit Freestyle konnte man sie nicht locken.

Gründonnerstag

Vordere Haupthalle
Haupthalle mit der Empore für die Super-GMs im Freestyle

Den Nachmittag mussten wir bangen – drei große Staus zwischen uns und Karlsruhe. Aber wir kamen noch knapp vor Start um 18:30 an der Kongresshalle an. Im Nachhinein wäre es auch nicht so schlimm gekommen – natürlich fingen sie nicht pünktlich an, sondern mit ca. 1,5 Stunden Verspätung. Ingi erwischte gleich eine respektable Aufgabe: Noel Gallas – einen der stärkeren NRW Spieler aus Alwins Altersklasse – langjähriger Bekannter aus früheren NRW-Meisterschaften. Alwin traf auf eine Spielerin unter 2000. Ingi machte fette Beute – Sieg gegen Noel, der mehr als 200 Elo mehr hatte. Alwin war mit seinem Remis nicht zufrieden – es wäre mehr drin gewesen. Aber ist es das nicht immer?

Seitenhalle für die mehr als 2000 im Hauptfeld – nur die besten dürfen in die Haupthalle

Karfreitag

Ingmar

Runde 2 ab 10 Uhr. Wenigstens ein wenig Erholung, dass wir nicht allzu früh nach der vorigen langen Nacht aufstehen mussten. Ingi machte durch seinen Sieg einen Sprung auf Brett 173 und kam gegen einen ukrainischen FM mit immerhin 2250. Am Nachbarbrett spielt Philipp Klaska, mit dem er damals im KIKA Turnier (Kindern Könnens Auch – Kinderturnier im Rahmen der Deutschen Jugendmeisterschaften) seine ersten Schritte im nationalen Schach gemacht hatte.  Alwin muss auf Brett 229 wieder gegen einen schwächeren Spieler antreten – der Weg nach oben ist steinig. Natürlich kann man träumen – aber der FM siegte sicher gegen Ingi. Alwin warf nach eigenen Angaben eine gewonnene Partie weg – zum Remis. Meine Aussage, dass auch Magnus Carlsen seinen Blutzuckerspiegel mit Bananen stabilisiert, wurde nicht gebührend ihrer Konstruktivität zur Kenntnis genommen.

Totem der Eingeborenen

Zumindest mit etwas besserer Laune nach einem vorzüglichen Thai-Essen ging es um 16:00 in Runde 3. Alwins Gegner an Brett 239 hat immerhin schonmal mehr als 2000 – wenn er Plus machen will, muss er langsam stärkere Gegner finden. Ingi spielt an 284 gegen einen 200 Elo stärkeren. Vielleicht geht ja da nochmal was. Alwin verliert – kein grüner Zweig in diesem Turnier für ihn. Ingi schafft ein Remis und buckelt wieder ELO nach Hause.

Karsamstag

Auf der Empore die Super-GMs vom Freestyle-A

Die nächste Runde ist ausgelost: Ingi auf Brett 256 wieder gegen einen ca. 200 höheren – Alwin sackt auf 275; sein ukrainischer Gegner hat 160 weniger als er. In so riesigen Feldern kann es lange dauern, sich wieder auf ein höheres Level zu spielen. Da können also noch einige Spiele gegen Schwächere kommen. Alles geht gut – beide gewinnen. Ingmar meinte, er hätte schlecht gespielt und der Gegner hätte viele Male Remis erzwingen können – zum Sieg gehören immer zwei dazu.

Mit seinem Sieg hat Ingi sich ein Sahnehäubchen verdient: zum ersten Mal darf er gegen eine WGM spielen. Und auf Brett 155 sitzt er jetzt in der Halle mit der Super-GM-Empore – die obersten Bretter der A dürfen die Luft der Spitzenspieler atmen, die anderen sind in der riesigen Haupthalle. Alwin muss noch immer gegen einen tiefer Gesetzten antreten.

Ingi schafft eine kleine Sensation: er spielt Remis gegen WGM Lena Georgescu (die Frau ist anscheinend nicht eitel und hat keine Presseabteilung – in der Wikipedia ist ihr WGM noch nicht drin ). Alwin bringt sein Spiel auch nach Hause – dann bekommt er morgen hoffentlich wieder eine Leiter nach oben.

Ostersonntag

Nach dem Erfolg vom Samstag spielen jetzt beide deutlich bergauf: Alwin rückte bis auf Brett 96 vor, wo er auf einen starken, knapp 2400, FM trifft. Auch Ingi bekommt einen FM: auf Brett 162 bekommt er einen 2200er. Wie Alwin im Datenbankcheck fand, spielt Ingis Gegner extrem flexibel und aggressiv – langweilig dürfte es da nicht werden. Vor der Runde gibt es noch einen Spaziergang durch strahlenden Sonnenschein vom Hotel zur Halle – damit sollte auf jeden Fall die Laune schon mal gut sein.

Ingi brachte unterwältigt ein Remis nach Hause: Er meinte, das Spiel wäre langweilig gewesen, anders als Alwin prognostiziert hatte. Alwin war nicht zufrieden: Nach einem guten Start wäre er in einem Manöver mit der Zugreihenfolge durcheinandergeraten und hätte sich danach nicht mehr von dem Druck befreien können. Er blieb im Schwitzkasten, bis sein Gegner ein Turmendspiel mit Materialvorteil nach Hause brachte. Schade.

In Runde 7 erwartet Ingmar Aaron Noah Koellner (2204), Alwin muss wieder nach unten gegen 2069 spielen. Ingi bewies weiterhin seine Zähigkeit: Du kommst hier nicht rein. Er meinte, er hätte defensiv gespielt – wenn der andere paar hundert ELO mehr hat, soll er mal zeigen, dass er gewinnen will. Hat er nicht: Remis. Alwin gewann wie erwartet – sein Gegner hatte noch keinen stärkeren Spieler geschlagen. Aber geschenkt wird einem ja nichts, wie Alwins Spiele am Turnierbeginn zeigten.

 

 

 

Die Haupthalle von weiter hinten

Ostermontag

Ingmar hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Nie hätten wir erwartet, dass er als einer der schwächsten Teilnehmer der Gruppe mit mehr als 3 Punkten nach Hause kommt. Alwin hat heute noch die Chance seine ELO etwas zu konsolidieren und die Einbußen der ersten Spiele wett zu machen. Es wird auf jeden Fall noch einmal spannend.

Beide sind jetzt in der FM Schicht – wahrscheinlich paar hundert dabei. Ingi bekommt einen kleinen mit knapp 2200, Alwin einen fetten mit knapp 2400. Auf in Runde 8. Ingmar verliert gerecht, meinte er – er schaffte es das ganze Spiel nicht, Gegenspiel zu entwickeln. Alwin erreichte ein gerechtes Remis.

In der letzten Runde tritt Alwin  leider wieder gegen einen unter 2000er an, Ingmar immerhin bekommt noch eine Chance gegen 2100. Langsam werden die Spiele auch Ausdauersache. Alwin überrollt seinen Gegner und ist schnell fertig. Ingi lässt sich überrollen und ist auch schnell fertig. War schon ein wenig Flasche leer. Ein tolles Turnier für ihn, trotzdem. Als krönenden Abschluss gibt es All-you-can-eat Sushi.

Endergebnis

Die Endergebnisse sind draußen: Mit 4/9 landet Ingmar auf Platz 458 –  Alwin mit 5,5/9 auf 218. Gesetzt waren sie auf 863 und 322. Von daher ein Erfolg, auch wenn die ELO-Ausbeute bei Alwin wegen der schwachen ersten Spiele leider nicht den Hoffnungen entsprach. Alwin reist sofort weiter, als Trainer für Mittelrhein, zu den NRW Jugendeinzelmeisterschaften. Ingmar darf sich ausruhen.

Und sonst noch: Magnus über allen. Mit 9/9 und 2 Punkten Vorsprung gewinnt Carlsen überragend das Freestyle-A. Bei der Stärke des Feldes dürfte das erstmal eine historische Marke sein. Bis Platz 24 verteilen sich die Verfolger auf 7-6,5 Punkte. Sehr ausgeglichen. Richard Rapport konnte seinen Höhenflug vom letzten Jahr leider nicht wiederholen.

Von lmainka

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert