Parallel zu den Deutschen Jugendmeisterschaften fand auch dieses Jahr wieder das offene Kinderturnier KIKA statt, praktisch eine deutsche Kindermeisterschaft. Nach Ingis Topform bei den Deutschen Grundschulmeisterschaften am dritten Brett, von wo er als Spieler mit den meisten Brettpunkten ungeschlagen nach hause gekommen war, wollten wir ihm auch hier einmal eine Chance geben. Grade 7 geworden würde das U9 Turnier sicherlich kein Spaziergang für ihn werden.
Als erstmalige Teilnehmer waren wir erstmal etwas überrascht, von der Turnierleitung in Dinosaurier-Plüschkostümen begrüßt zu werden. Aber das ist normal – das Turnier hat jedes Jahr ein Motto, an dem sich das Freizeitangebot und die Dekoration orientieren – diesmal halt Dinosaurier. Den Kindern machte es Spass und Bronto-Patrick (der Beauftragte für Kinderschach der DSJ und Turnierleiter) führte seine Dino-Schlüpflinge wohlbehalten durchs Dickicht. Das Begleitpersonal, das ohnehin die meiste Zeit mit Warten, Fingernägelkauen und Stressessen verbringen muss, hat allerdings etwas andere Anforderungen an das 4 Sterne Dickicht als die kleinen Saurier. Das Essen, insbesondere das Frühstück, war eher Substandard – ich hoffe, den normalen Touristen wird mehr für die 4 Sterne geboten als den Tagungsopfern. Einen Speicheltropfen beim Gedanken an die Grundschulmeisterschaften vergießend bissen wir die Zähne zusammen – Skorbut kommt ja nicht schon nach drei Tagen.
68 Kinder gingen ins Rennen. Die Liste führte Max Pick an, der nur knapp die DM Qualifikation verpasst hatte. Und Max sorgte auch gleich für die erste Turnierüberraschung: noch nicht ganz wach verlor er gleich das erste Spiel. Nach seinen starken Spielen in diesem Jahr hatte ich nicht gedacht, dass er hier überhaupt verlieren würde. Ingi siegte sich fröhlich durch den ersten Tag. Am zweiten Tag erwischte es ihn dann auch – wahrscheinlich etwas zu selbstsicher geworden durch all die Spiele, die er trotz Rückstand noch hatte drehen können, leistete er sich einen Offiziersverlust in der Eröffnung und schlitterte in den Punktverlust. Spitzengruppe Adè.Eigentlich hatten wir erwartet, dass Ingi im Verfolgerfeld mal wieder, nach Lendersdorf und Niederkassel, auf Michelle Trunz treffen würde, einer der besten seiner Altersklasse in NRW, und das außerhalb der Käseglocke der Mädchenwertungen. Spätestens mit ihrem Pokal (Gesamt-, nicht Mädchenwertung) in Niederkassel hat sie gezeigt, dass sie ganz oben mitspielen kann. Im Niederkasseler Endspiel hatte Ingi Glück gegen sie: Zwar holte er nach ihrem starken Angriff einen Rückstand auf, doch dann übersah auch er ein paar direkte Gewinnzüge, und schaffte nur knapp den Sieg. Michelle hat noch nicht die Turnierroutine, dass sie den in ihren Nacken atmenden Brett-1-Mob einfach ausblenden kann (hier müssten die Schiedsrichter am Ende vielleicht mehr auf die Abstände achten) – wenn sie da noch etwas abgeklärter und präziser wird, können sich alle warm anziehen. Wir freuen uns schon auf ein Mädchen, dass sich nicht nur über eine W-Wertung qualifiziert. In Willingen ließ Michelle am Ende auch etwas nach, so dass Ingi eine weitere Schlacht erspart blieb.Der letzte Tag brach an. Nach seinem Patzer kämpfte Max sich in seiner erwarteten Form mit 5 Siegen auf Brett 1 vor. Ingi gewann wieder 2 Spiele, begann dann aber etwas zu schwächeln, vielleicht, weil ihn die zuhause grassierenden Streptokokken doch noch eingeholt hatten. Michelle hatte leider verloren. Unter Belastung brechen oft die zugrundeliegenden Charaktereigenschaften durch: wenn Alwin unter Druck steht, verfällt er in Tunnel-Vision, und sieht nichts anderes mehr als sein Brett, bis er bewusstlos vom Stuhl kippt. Ingi neigt dann eher zur Anstrengungsvermeidung und einigt sich lieber mit seinen Mitspielern. Gegen Ferdinand hatte er schon in Lendersdorf gespielt, ein Landsmann in der Fremde sozusagen, so fiel der gegen die Sofia-Regel verstossende Waffenstillstand im 19. Zug leicht. Das ähnlich lethargische Remis im letzen Spiel kommentierte Ingi lakonisch mit „Ich war müde.“.Am Ende sicherte sich Max mit einem Remis gegen den ungeschlagenen Ersten noch den Pokal für den 3. Platz. Ingi schleppte sich mit den beiden Schlußremis immerhin noch auf den 7. Platz, 2 Plätze besser als er gesetzt war. Das gewonnene Dino-Kuscheltier wird sich demnächst als Geheimwaffe an seinem Brett finden. Aufschreiben war freiwillig – ob er das nochmal mitmachen wird, müssen wir erst sehen. Alwin, in dessen Hände der Turnierblock gefallen war, hat ihm vorhin erstmal ungebeten, unerwünscht und ausgiebig erläutert, wie planlos und schlecht er die letzte Partie eröffnet hätte.Ludger