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Nach letztem Jahr fuhr ich natürlich etwas verängstigt zur JEM. Erst wollte ich eine kugelsichere Weste und ein Stilett einpacken, dann dachte ich mir mir „Egal – Luca Brasi hat es auch nichts genützt“ und ergab mich in mein Schicksal.

Die U10 verlief erfreulich unspektakulär: Die Rennpferde von letztem Jahr waren weitergeprescht zur U12 und die Mustangs  hatten nichts von ihrem Schwung verloren. Jona und Nelson, die letztes Jahr das Turnier erschüttert hatten, galoppierten frisch auf Platz 1 und 2, wobei Nelson sicher den Ehrenplatz für die meisten Spielminuten zusätzlich ergattert hätte. web002Als das neue Talent Felix Wittek auf ihn traf, musste erstmal das Tischtennis Turnier der U10 verschoben werden, bis das Spiel entschieden war. Samuel Tomasjan und Nelson rückten am Ende die lang ersehnte Siegerehrung noch weiter nach hinten. Aber Nelson blieb standhaft und gewann am Ende – Samuel bekommt hoffentlich noch einen verdienten Nachrücker-Platz zur DM.

Felix wird uns im kommenden Jahr auch sicher wieder begegnen. Jannis Bolz spielte weiter in der starken Form, mit der er schon die Qualifikation gewonnen hatte und galoppierte sicher auf Platz 3. Ingi, der als U8er Fohlen auf der U10er Prärie etwas kapriziös herumhüpfte, kam mit Platz 6 genau auf seinen Setzplatz. Völlig OK – er kann das Turnier web003noch zweimal spielen. Kurios sein Spiel gegen Nelson: an Zügen das kürzeste des gesamten Turniers. Hierfür sollte man als Pendant der Remiszitrone vielleicht eine Tagtraum-Zwiebel einführen. Ingis Gedanken folgten wohl einem Schmetterling, als ihn Nelsons Dame im 7. Zug auf F7 matt setzte. Da war niemand zuhause. Ich fragte mich kurz, wohin die Aliens meinen Sohn wohl verschleppt haben mochten, doch Ingi tauchte wieder auf und spielte den Rest des Turniers weniger überaschend. In der U12, der Gruppe mit den meisten Teilnehmern, gab es ein erbittertes Ringen bis zur letzten Runde.

Viele der Favoriten gaben in den ersten Runden Punkte ab und spielten dann gegen schwächere Spieler, was die Buchholzwertung am Ende turbulent werden ließ. Jonas Gallasch und Aik Arakelian sind aber zu hart und turniererfahren, um sich von ein paar Holperigkeiten aus der Bahn werfen zu lassen: Beide kämpften sich bis zum Schluß auf ihre Setzplätze an 2 und 1 zurück. Underdog Alwin holte in der ersten Hälfte 2 Punkte aus 3 Spielen gegen Rangliste Nr. 3, 5 und 6. Das war schon mehr, als ihm manche zugetraut hatten – daher nahmen wir seine Niederlage gegen Favorit Aik dann auch gelassen hin – er spielte jetzt die Zugabe, die Pflicht war gut gelungen. Dass wir diesmal nicht an jeder abendlichen Belustigung teilnahmen (aber doch noch an einigen:

web004Ingi gewann zum zweiten Mal in Folge, diesmal mit Max Pick, das U10er Tandem Turnier), lag nicht daran, dass wir Alwin in der Pferdebox schon mal für den nächsten Gegner striegeln lassen wollten. Es lag vielmehr an der von ihm praktizierten kulinarischen Selbstvernichtung. Weil er sich nicht 2 Wochen, wie eine Schulfreundin es nennt, von „nacktem Brot“ ernähren sollte, waren wir gezwungen, abends weite Kreise durch die Prärie zu ziehen, auf der Suche nach Tofu, damit der Pflanzenfresser wenigstens Eiweiß aus der Sojabohne bekommt. Da denkt man „Kein Problem“ – wir sind ja nicht in Mecklenburg-Vorpommern – hier gibt es überall chinesische Restaurants. In Kleve betraten wir dann einen chinesischen Palast – problemlos hätte man hier 300 Leute beköstigen können. In argloser Danbarkeit baten wir um ein Gericht mit Tofu. Der freundliche Kellner sprach mit der Chefin, die Chefin sprach mit er Küche, die Küche schwieg – es gab keinen Tofu! Der mitfühlende Kellner empfahl uns, ins nahe Holland auszuweichen. Unglaublich. Ein Jahrtausende altes Kulturvolk, dessen Vorfahren Millionen Soldaten mit Metallwaffen über die Landkarte schoben, als Leonidas Ahnen noch auf Zwiebeln kauten, bietet im Ausland ein Nahrungsmittel nicht an, das gerade charakteristisch für die ostasiatische Küche ist. Gebt den Deutschen, was sie sowieso schon essen.

web005Wir blieben nicht lange genug, dass ich meine ethnologische Feldforschung hätte vertiefen können – vielleicht gab es ja Wan-Tan-Spätzle oder Döner-Chop-Suey. Nieder mit Integration und Assimilation – laßt Asiaten Tofu woken. Ich möchte eine geordnete Welt: hier Bratwurst und dort Sauerkraut (ich mag Sauerkraut!). Wie soll ich denn sonst an meinen Tofu kommen, wenn nicht in einem chinesischen Restaurant? Immerhin – noch ist es eine freie Welt. Der Inhalt von Alwins Teller hängt letztendlich nur von der Füllung meines Tanks ab. Wir bekamen unseren Tofu! Aber so waren wir leider zu spät für manche Abendturniere. Aber eigentlich ging es ja um Schach – also: Alwin hatte bereits in der ersten Hälfte sehr starke Gegener gehabt. Jetzt kamen einige Topspieler wieder nach oben: Daher wurden Alwins letzte Partien etwas leichter, weil die stärkeren Spieler erstmal an die Aufholer verteilt wurden, die am Anfang noch nicht gegen sie gespielt hatten. Auch gegen nominell schwächere Spieler muss man erstmal gewinnen – aber Alwin war jetzt befreit und schaffte das auch deutlich. So fand er sich nach der letzten Runde punkt- und Buchholz-gleich mit dem vorher führenden Christian Gluma auf dem geteilten dritten Platz. Christian gehörte zu den Mustangs des letzten Jahres.

Der Fluch der frühen Geburt hat ihn aber schon jetzt in die web006Mördergrube der U12 gezwungen. Und, obwohl bei den Jüngeren, spielte er ein grandioses Turnier: Vor David Toval, vor Robert Prieb, den Wunderkindern. Alwin und er mussten ins Stechen. Wir wissen – Stechen ist wie Elfmeterschießen – es gibt keine gute Lösung. Ungefähr 400 Leute warteten derweil auf die Siegerehrung – und warteten noch eine Stunde länger. Nach 5 Stechen-Partien war es endlich vorbei. Christian führte 2:1 – Alwin schaffte 2:3 und schleppte den Pokal für den dritten Platz ab. Wir wissen, wie bitter das ist – Alwin hat die Qualifiaktionsniederlage gegen Mert Ipekyilmaz vom letzten Jahr bis vor kurzem auch noch im Kopf gehabt. Christian: Du bist qualifiziert für die DM – das war das wichtigste hier (kack auf den blöden Pokal – Du hast bestimmt schon jede Menge davon) – auf der DM kannst Du es Alwin so richtig heimzahlen – Und: die alten Säcke sind bald weg (alle, die vor Dir waren, sind nächstes Jahr nicht mehr U12). Und wer da nächstes Jahr kommt, soll erstmal an Dir vorbei! Jetzt muss erstmal Sonderurlaub eingereicht werden. Die Deutschen Meisterschaften sind nach Pfingsten. Da sind bei uns keine Schulferien mehr. Damit wir unseren Wiederkäuer nicht immer stundenlang zum Grasen durch die Prärie treiben müssen, werden wir diesmal noch mehr Proviant mitnehmen.

L. Mainka

Von admin

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